24.07.2012
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Passivhaus – Wie funktioniert es?
Seit gut 20 Jahren schon existiert das faszinierende Konzept des Passivhauses in Deutschland. Entwickelt wurde es vom Darmstädter Institut für Wohnen und Umwelt und die zu Beginn noch belächelte Idee, ein Gebäude ohne aktives Heizungssystem zu bauen, wurde in den folgenden Jahren tausendfach in die Tat umgesetzt. Doch wie genau ist ein solches Haus gestaltet?
Aufbau eines Passivhauses
Bei einem Passivhaus handelt es sich um ein Gebäude, dass durch die Sonneneinstrahlung und durch die Rückgewinnung von Wärme aus dem Haus auf den Einsatz einer konventionellen Heizung verzichtet. Vergleichbar ist es mit einem Niedrigenergiehaus, nur dass der Bedarf an Heizenergie im Vergleich zu solchen Gebäuden bei einem Passivhaus noch niedriger liegt. Gebaut werden kann ein Passivhaus in unterschiedlichen Typen und auch Altgebäude können durch Sanierungen diesen Standard erreichen.
Wenn man in Deutschland von einem Passivhaus spricht, muss der Heizwärmebedarf der Immobilie pro Jahr unter 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter betragen. Ein äußerst geringer Wert, der umgerechnet 1,5 Liter Heizöl oder 1,5 Kubikmeter Gas pro Quadratmeter und Jahr entspricht. Im Vergleich zu einem herkömmlichen Gebäude ohne spezielle Wärmedämmung, ergibt sich eine Differenz von rund 90 Prozent, die ein Passivhaus weniger an Heizenergie benötigt.
Das Herzstück bei einem Passivhaus stellt die automatische Belüftung dar. Dieses System führt die Luft ins Haus, weshalb bei einem Passivhaus auch kein Lüften durch Öffnen der Fenster notwendig ist, auch wenn das zusätzlich jederzeit möglich ist. Gleichzeitig kann die Belüftung auch die Wärmequellen in dem Gebäude effizient nutzen. So wird die erwärmte Luft, beispielsweise abgegeben durch die Bewohner, durch Kochstellen oder beim Duschen über Wärmetauscher nach außen abgeführt. Parallel erhitzen die erwähnten Wärmetauscher die Frischluft, die von außen angesaugt wird.
Erreicht wird der geringe Bedarf an Heizenergie also vor allem durch die folgenden Punkte:
- Konstruktion, die Wärmebrücken vermeidet
- kontrollierte Belüftung der Räume
- Wärmedämmung
- Nutzung von interner Wärme, beispielsweise bei der Abgabe durch Kochstellen
- gasgefüllte dreifachverglaste Fenster mit gedämmten Fensterrahmen
- optimal ist zudem eine verschattungsfreie Ausrichtung des Gebäudes nach Süden mit einer möglichen Abweichung von bis zu 30 Grad nach Westen oder Osten
Kostenvergleich zu herkömmlichen Gebäuden
Die Kosten für ein Passivhaus liegen im Schnitt etwa um bis zu 15 Prozent über den finanziellen Aufwendungen, die man für ein konventionelles Gebäude aufbringen muss, das nach den derzeit gültigen Vorgaben der Energieeinsparverordnung errichtet wird. Neben den höheren Kosten bei einem Passivhaus, beispielsweise durch die Lüftungstechnik mit der integrierten Wärmerückgewinnung, kann man mit dem Passivhaus aber auch bei der Herstellung der Immobilie Kosten einsparen. So sind beispielsweise keine Heizkörper in den einzelnen Räumen des Hauses notwendig und auch ein separater Heizungsraum oder Flächen zur Lagerung von Brennstoffen sind bei einem Passivhaus nicht erforderlich.
Vorteile eines Passivhauses
Der große Vorteil eines Passivhauses liegt in der kontinuierlichen Ersparnis von Heizkosten. Aber man schont nicht nur den eigenen Geldbeutel, sondern tut auch etwas für die Umwelt, denn der Ausstoß von Kohlendioxid wird stark verringert. Ein Passivhaus bietet den Bewohnern zudem ein gleichbleibend angenehmes Klima in den Räumen und durch den permanenten Luftaustausch besteht ein geringes Schimmelrisiko. Allergiker profitieren ferner davon, dass das Belüftungssystem durch einen Filter auch die Gefahr für Pollen verringert.
Kostenersparnis beim Passivhaus wird geringer
Ein eventueller finanzieller Nachteil des Passivhauses ergibt sich mittlerweile durch die schnelle Entwicklung im Bereich der Wärmedämmung. Ob sich der Einbau und die damit verbundenen höheren Kosten der hochkomplexen Belüftungstechnik heutzutage in jedem Fall noch lohnen, sollte deshalb immer mit einem Sachverständigen abgeklärt werden. Beispielsweise sind dreifach verglaste Fenster oder sehr effiziente Wärmedämmplatten auch bei anders aufgebauten Neubauten heutzutage keine Seltenheit mehr.
Der Einspareffekt gegenüber einer günstigeren konventionellen Immobilie mit eingebauter Heiztechnik, zum Beispiel auf Basis regenerativer Energien, hat sich in den letzten Jahren verringert. Angesichts der sicherlich weiterhin fortschreitenden Innovation bei der Thematik Wärmedämmung ist davon auszugehen, dass sich der Kostenvorteil eines Passivhauses durch geringere Heizkosten in Zukunft zusätzlich verkleinern wird.
Förderung eines Passivhauses
Den Bau eines Passivhauses fördern die jeweiligen Bundesländer oder auch viele Kommunen durch unterschiedliche Programme. Beispielsweise gewähren einige Kommunen den Grundstückskäufern einen Nachlass beim Kaufpreis, wenn auf dem betreffenden Grund ein Passivhaus errichtet werden soll. Ein spezielles Förderprogramm für Passivhäuser lässt sich auf Bundesebene bisher aber nicht ausmachen. Allerdings kann man bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) trotzdem eine finanzielle Unterstützung beantragen. Entweder über das Programm „Energieeffizient Bauen“ mit der Nummer 153 oder über das Fördermodul „Energieeffizient Sanieren“ (151,152) für Bestandsimmobilien, die saniert werden sollen.
Die Förderung lässt sich sowohl in Form von zinsgünstigen Krediten als auch durch einen Zuschuss nutzen. Zu beachten sind die Begrenzungen für die Darlehenssummen pro Wohneinheit, diese liegen beispielsweise beim Kreditprogramm für Neubauten bei 50 000 Euro. Zudem ist die Höhe des Zuschusses zur Tilgung davon abhängig, welchen KfW-Effizienzstandard man mit dem Neubau erreicht. Für besonders effiziente Gebäude sind bis zu 10 Prozent der Kreditsumme als Zuschuss erhältlich.
Eine Unterstützung, die man als Bauherr natürlich nicht verschenken sollte. Von Vorteil ist zudem, dass man bei den Krediten durch die KfW unterschiedlich lange tilgungsfreie Anlaufzeiten in Anspruch nehmen kann. Überhaupt tragen die Konditionen, wie in der folgenden Grafik ersichtlich, den Namen zinsgünstig vollkommen zu Recht.
Nachheizsysteme für Passivhäuser
Auch wenn der Name Passivhaus aussagt, dass ein solches Gebäude „passiv“ also ohne Heizung auskommt, sind in den Gebäuden Nachheizsysteme installiert. Diese stellen sicher, dass man an Tagen, an denen die externe Wärme durch die Sonne oder die Wärmerückgewinnung nicht ausreichen, nicht frieren muss. Praktisch kann man sich dies in etwa so vorstellen, dass die Luft in den Belüftungssystemen zusätzlich aufgeheizt wird und wie bei einem Fön dann wärmere Luft ausströmt. In der Praxis kommen dabei unterschiedliche Heizsysteme in Frage, beispielsweise:
- elektrische Heizung
- Wärmepumpe
Fazit
Das Passivhaus ist ohne Frage eine gute Möglichkeit, einen aktiven Beitrag zum Umweltschutz zu leisten und sich gleichzeitig von steigenden Energiepreisen unabhängiger zu machen. Durch die finanzielle Unterstützung der KfW, vieler Bundesländer und Kommunen lassen sich die Mehrkosten beim Bau einer solchen Immobilie spürbar verringern. Ob sich das Passivhaus aber im Vergleich zu anderen konventionellen Gebäuden, die ebenfalls über eine moderne Wärmedämmung verfügen, lohnt, sollte man immer exakt abklären. Der ehemals große Vorsprung des Passivhauses gegenüber anderen Gebäuden in Sachen Wärmedämmung hat sich jedenfalls in den letzten Jahren durch die rasante Entwicklung in diesem Bereich deutlich verringert.
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